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Interview zur Kampagne „Bist du behindernd?“

Ein Portrait von Ulrike Häcker und Wibke Roth auf bunten Kacheln des KSL-Designs

Fensterblick Detmold

Wie diese Kampagne humorvoll für nachhaltigen Barrierenabbau erstmal im Kreis Lippe sorgen kann, erklärt Ulrike Häcker, Juristin beim KSL Detmold, im Kurzinterview.

von Ko-KSL / Interview / KSL entwickelt

Die Kampagne „Bist du behindernd?“ ist eine Initiative des KSL Detmold, der Beratung und Selbsthilfe Lippe / EUTB und des Kreises Lippe. Sie soll mit Humor – erstmal regional – nachhaltig ein Bewusstsein schaffen, wo Barrieren Menschen mit Behinderungen in ihrem Alltag behindern. Daneben sollen auch positive Beispiele aufzeigen, wo die Umsetzung von Barrierefreiheit schon gelingt.

Mit der Initiative sollen alle Bürger*innen in Lippe erreicht werden; von Cafébesitzer*innen bis hin zu Verkehrsgesellschaften. Ulrike Häcker ist Sozialjuristin beim KSL Detmold und als Ansprechpartnerin zuständig für den Kreis Lippe. Sie verantwortet diese Kampagne für das KSL Detmold.

Wibke Roth: Ulrike, ihr habt mit der Beratung und Selbsthilfe Lippe / EUTB , dem Kreis Lippe und zusammen mit einer Agentur eine Kampagne ins Leben gerufen. In den sozialen Medien heißt es, drei Schritte sollen helfen, Menschen mit Behinderungen zukünftig weniger zu behindern. Wie soll das gehen?

Ulrike Häcker: Mit Humor. Menschen mit Behinderungen begegnen im Alltag verschiedenen Hindernissen, die man selbst oft nicht als solche erkennt. Mit dem Aufzeigen von Barrieren mitels Humor wollten wir möglichst viele Menschen im Kreis Lippe ansprechen, also möglichst alle Lipper*innen. Die Kampagne aktiviert, zu erkennen und weiterzudenken.

Wibke Roth: Wie kam es zu der Initiative?

Ulrike Häcker: Wir haben schon im vergangenen Jahr – im Vorfeld der Kommunalwahl NRW - eine Abfrage bei Menschen mit Behinderungen im Kreis Lippe gemacht, wo sie hier Hindernissen bei ihrer Teilhabe begegnen. Wir wollten eine Grundlage schaffen, Politiker*innen damit zu konfrontieren. Schließlich gibt es rechtliche Grundlagen wie die UN-BRK und Landesgesetze, die Kommunen u.a. in punkto Bewusstseinsbildung, Nichtdiskriminierung, Zugänglichkeit, Bildung, Mobilität, Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben umsetzen müssen.

Wibke Roth: Wie viele Rückmeldungen gab es?

Ulrike Häcker: Wir haben rund 50 Rückmeldungen erhalten. Daraus haben wir einen Forderungskatalog erstellt und diesen mit dem Ziel an den Landrat des Kreises Lippe übergeben, dass dieser die Forderungen an die Bürgermeister*innen der Kommunen übergibt. Das ist auch passiert.

Wibke Roth: Was lässt sich im Kreis Lippe verbessern und was läuft schon gut?

Ulrike Häcker: Genau: Wir wollen erstmal zeigen, dass es eben nicht nur die bekannten Barrieren wie die Bürgersteige für Rollstuhlfahrer gibt, sondern beispielsweise auch Barrieren für Menschen mit anderen Lernmöglichkeiten, die in ihrem Recht auf Mobilität eingeschränkt werden, wenn beispielsweise Fahrpläne nicht in leichter Sprache vorliegen. Viele möglichen Barrieren sind auf der Webseite bist-du-behindernd.de aufgelistet. Aber eben auch positive Beispiele, wie ein Café in der Region. Die positiven Beispiel für gelungene Barrierefreiheit gibt es auch schon im Kreis Lippe und diese sollen möglichst viele Nachahmer*innen finden.

Wibke Roth: Wie aktiviert ihr die Menschen, mitzumachen?

Ulrike Häcker: Ziel ist es, niederschwellig Möglichkeiten zu schaffen, um Barrieren, aber auch positive Beispiele für gelungene Barrierefreiheit zu zeigen. Menschen mit und ohne Behinderungen können etwa über die sozialen Medien Fotos und Videos schicken, wo Barrieren sind.

Wibke Roth: Gibt es Fördermittel für den Barrierenabbau?

Ulrike Häcker: Zu Beginn der Kampagne gab es keine Fördermittel, auf die wir Interessierte hätten verweisen können. Allerdings hat die Aktion Mensch zwischenzeitlich die Kampagne #1BarriereWeniger ins Leben gerufen. Mit diesen Fördermitteln sollen Barrieren im öffentlichen Raum abgebaut werden. So können sich private Unternehmen mit einem gemeinnützigen Projektpartner, wie zum Beispiel Wohlfahrtsverbände und gemeinnützige Vereine, zusammentun und bis zu 5.000 Euro für Barrierefreiheit einsetzen. Großartig, dass wir nun auf diese Fördermittel verweisen können.

Wibke Roth: Was sind die Kernziele der Kampagne?

Ulrike Häcker: Wir wollten aus den bis April eingegangenen Rückmeldungen zu Barrieren und gelungenerer Barrierefreiheit professionelle Videoclips drehen. Rund um den Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung im Mai 2021 sollten diese veröffentlicht werden. Wir wollten zeigen, wo es noch hakt und wo mithilfe von Beratung Barrieren abgebaut und damit Menschen mit Behinderungen nicht mehr in ihrer Teilhabe behindert werden. Aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen mussten wir den Dreh der Videoclips immer weiter nach hinten schieben. Schließlich konnten wir im Juli 2021 die drei Video drehen und fertigstellen. In der Aktionswoche vom 9.-13. August 2021, die auch gleichzeitig den offiziellen Abschluss der Kampagne bildete, wurden die aus meiner Sicht sehr gelungenen Aktionsfilme veröffentlicht. Die gibt es natürlich auch in DGS und als Hörfilme. Zusätzlich hatten wir in dieser Woche eine Einladung der Lebenshilfe Rhein-Lahn zu einem Livestream. Dort konnten wir noch einmal unserer Kampagne vorstellen und dafür werben, dass diese auch in anderen Kreisen stattfinden kann. Die Materialien dazu liegen vor und können gerne genutzt werden.

Wibke Roth: Wie sind grundsätzlich die Rückmeldungen zur Kampagne?

Ulrike Häcker: Es gab ganz unterschiedliche Rückmeldung in den sozialen Medien. Interessant war jedenfalls eine Rückmeldung, bei der ein Mensch ohne Behinderung berichtet hat, dass er nun endlich wisse, dass das Blindenleitsystem in seiner Stadt einen Zweck erfülle und nicht nur Schmuckwerk im Straßenpflaster ist. Über solche Rückmeldungen haben wir uns sehr gefreut, denn da haben wir unser Ziel erreicht. Und gefreut haben wir uns auch darüber, dass die Kampagne über den Kreis Lippe und sogar über NRW hinaus wahrgenommen wurde. So gab es Rückmeldungen aus der Schweiz und aus Rheinland-Pfalz. Aus Rheinland-Pfalz kam dann auch die Einladung der Lebenshilfe im Rahmen ihres „Inklusionssommers“ über unsere Kampagne zu berichten.

Wibke Roth: Die Kampagne könnte aber auch darüber hinaus und nicht nur im Kreis Lippe laufen, oder?

Ulrike Häcker: Ja, sie soll sich auch darüber hinaus weiterentwickeln. Es ist ein großer Wunsch von uns, dass weitere Kreise unsere Idee aufgreifen und sich im Sinne von mehr Barrierefreiheit auf den Weg machen. Daher finden wir es großartig, dass die KSL NRW die Kampagne auf Landesebene weiterführen wollen.

Wibke Roth: Viel Erfolg. Und vielen Dank fürs Gespräch, Ulrike.

Ulrike Häcker: Gern.


Eine Grafik mit Stilelementen des KSL Detmold

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Weitere Informationen

Das KSL Detmold betreut die gesamte Region Ostwestfalen-Lippe. Das Team teilt sich die unterschiedlichen Regionen auf. Ulrike Häcker ist Ansprechperson für den Kreis Lippe.

Auswahl der Inhalte:

  1. www.bist-du-behindernd.de
  2. Soziale Medien:
    https://www.instagram.com/bist.du.behindernd/
    https://www.facebook.com/bist.du.behindernd
  1. Beispiel Kampagnenmotiv: Ein muskelbepackter junger Mann guckt mit verschränkten Armen skeptisch in die Kamera. Oben drüber steht die Kernfrage der Kampagne: Bist du behindernd?
  2. Wenn Sie im Kreis Lippe leben: Was lässt sich im Kreis Lippe verbessern? Wenn Sie etwas entdecken, das sich verbessern lässt, schicken Sie Fotos oder Videos an sags@bist-du-behindernd.de.


Juli 2021