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Ein Kommentar, der klarmacht, dass digitale Barrierefreiheit essenzieller Bestandteil einer inklusiven Gesellschaft ist.

Ein Foto der Juristin Karoline Riegel auf dunkelblauen Kacheln der KSL.NRW. Links steht „Fensterblick Extern"

Fensterblick KSL.MSi

„Ohne digitale Barrierefreiheit
können wir keine inklusive Gesellschaft werden!“

von Ramona Armbrust / Kommentar / KSL inspiriert

Was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn Sie das Wort „Barrierefreiheit“ hören? Vielleicht das Bild einer Rampe neben einer Treppe? So erging es zumindest mir noch bis vor einigen Jahren. Das ist auch nicht falsch. Und die bauliche Barrierefreiheit für den Bereich Mobilität ist ein wichtiger Teil des großen Komplexes „Barrierefreiheit“. Heutzutage kommen mir jedoch auch direkt diese Begriffe in den Sinn: Gebärdensprachdolmetschende, Aufzüge, Türklinken, Kontrast, Leitlinien, Ruheräume, Markierungspunkte und vieles mehr.

Mein wichtigster Begriff im Inklusionspotpourri: digitale Barrierefreiheit

Für mich persönlich steht eine Sache immer ganz oben auf meiner Liste: die digitale Barrierefreiheit. Warum und für wen ist diese wichtig und was passiert, wenn sie nicht gegeben ist?

Stellen Sie sich vor, Sie lesen einen Zeitungsartikel:


Sensationsschnappschuss in Alaska

Forschende haben es geschafft, ein weltweit noch nie dokumentiertes Naturphänomen zu fotografieren. Dieses Foto sorgt schon jetzt global für Aufruhr und die langfristigen Auswirkungen können wir, zum jetzigen Zeitpunkt, nur erahnen. Aber sehen Sie selbst:

„Grafik 6 cm x 9 cm!“


Ärgerlich, oder? Also ich hätte wirklich gerne gewusst, was auf diesem Bild abgebildet ist. Doch so nüchtern und wenig aussagekräftig hört es sich an, wenn ein Screenreader ein Bild vorliest, bei dem kein Alternativtext hinterlegt ist.

Digitale Barrierefreiheit ist für viele Menschen mit Behinderung jedoch essenziell. Hier zwei Beispiele, für wen sie zum Beispiel bedeutsam ist:

  • für sehbehinderte Menschen ebenso wie für gebärdensprachorientierte Menschen, die Informationen zu einem Thema oft nur mit Gebärdensprachvideos verstehen, oder
  • für Menschen mit anderen Lernmöglichkeiten, die Informationen in Leichter Sprache lesen.  

Denken Sie einmal an den gestrigen Tag und in welchen Momenten Sie in der digitalen Welt unterwegs waren: den Wetterbericht auf dem Handy nachschauen, Tickets buchen, die sozialen Medien aufrufen, die Öffnungszeiten der Bürgerämter und das benötigte Formular online ausfüllen, E-Mails checken und beantworten, die Kontaktdaten vom Restaurant online recherchieren. Die Liste unserer alltäglichen, digitalen Aktivitäten ist lang und verdeutlicht den hohen Stellenwert, den die digitale Welt einnimmt. Dies verdeutlicht uns, wie wichtig es ist, auch die digitale Welt barrierefrei zu gestalten. Meine Meinung und eine vielleicht gewagte These: Ohne digitale Barrierefreiheit können wir keine inklusive Gesellschaft werden.

Die rechtliche Perspektive

In der UN-Behindertenrechtskonvention ist Barrierefreiheit beziehungsweise die „Zugänglichkeit/Accessibility“ einer von insgesamt acht allgemeinen Grundsätzen (Art. 3 f UN-BRK). In Artikel 21 „Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen“ wird diese

Zugänglichkeit noch weiter ausgeführt. Hier werden einerseits Behörden dazu verpflichtet, Informationen in geeigneter Form für alle Menschen mit Behinderung zur Verfügung zu stellen. Andererseits sind die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, die privaten Rechtsträger und die Massenmedien dringend dazu aufzufordern, Informationen – einschließlich Informationen und Dienstleistungen im Internet – zugänglich zu machen.

Diese Grundsätze der Zugänglichkeit, Auffindbarkeit und Nutzbarkeit sind sowohl im BGG Bund, BGG NRW, und im IGG NRW verankert. In NRW gibt es zusätzlich noch die „Verordnung über barrierefreie Dokumente“, VBD NRW, in der explizit die „elektronische Weise“ der Zugänglichkeitsmachung verankert ist.

Gesetzlich wurde schon einiges auf den Weg gebracht und definiert. Bei der Umsetzung zur digitalen Barrierefreiheit gibt es jedoch noch einiges zu tun.

Wie fang ich unkompliziert an, digitale Informationen barrierefrei zu gestalten?

Ausschnitt eines Infoplakats des KSL-MSi-NRW zur Erstellung barrierefreier E-Mails
Ausschnitt eines Infoplakats des KSL-MSi-NRW mit Tipps zur Erstellung barrierefreier E-Mails

Festzustellen ist, dass die digitale Barrierefreiheit ebenso wichtig wie umfangreich ist. Daher eine beliebte Frage aus unseren Schulungen zur Erstellung barrierefreie Dokumente: „Was kann ich ab morgen anfangen, umzusetzen?“ Mein Vorschlag dazu: Wie wäre es, wenn Sie ab morgen Ihre E-Mails barrierefrei gestalten? Wie das geht, können Sie hier im Detail nachlesen: Tipps und Checkliste zur Erstellung barrierefreier E-Mails

Fazit:

Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sie führt uns zu Dokumenten, die für alle lesbar sind, Webseiten, auf denen jeder problemlos navigieren kann, kontrastreiche und verständliche Formulare, die online ausfüllbar sind, sozialen Medien, bei denen jede*r liken und kommentieren kann, Videos, die für alle verständlich sind, da sie in Gebärdensprache mit Untertiteln und mit Audiodeskription versehen sind.

Die Mitarbeiter*innen der Kompetenzzentren NRW veröffentlichen Ende Januar 2022 zu diesem großen Thema der Barrierefreiheit eine KSL-Konkret mit dem Titel „Wegweiser Barrierefreiheit“, in dem übersichtlich für jeden Lebensbereich die Bedarfe zur barrierefreie Gestaltung gesammelt sind, sodass hoffentlich in ein paar Jahren allen Menschen unzählige Begriffe in den Sinn kommen, sobald sie das Wort Barrierefreiheit hören.


Gemeinsam für ein inklusives NRW, auch digital!


 

Begriffe der digitalen Barrierefreiheit

Alternativtexte sind Beschreibungen eines visuellen Elementes (Bild, Grafik, Logo etc.). Sie sind bei allen Bildern und grafischen Informationsquellen mit Aussage zu verfassen.

Sie sollten objektiv formuliert werden und cirka zwei bis drei Sätze lang sein.

Mehr Informationen unter: https://ksl-msi-nrw.de/de/node/3217

Audiodeskription ist eine akustische Bild- oder Videobeschreibung in Echtzeit. Sie beschreibt Personen, Handlungen oder Schauplätze für blinde und sehbehinderte Personen.

Ein Screenreader ist ein Bildschirmleseprogramm. Dabei handelt es sich um eine Software, die alles vorliest, was auf dem Desktop erscheint. Dazu zählen Dokumente ebenso wie Websites oder Social-Media-Kanäle.

Gebärdensprachvideos in Deutscher Gebärdensprache (DGS) und die dazugehörige Untertitelung schaffen für gehörlose und schwerhörige Internetnutzer*innen barrierefreie Informationen auf Internetseiten. Auch taubblinde und hörsehbehinderte Nutzer sind auf DGS-Videos angewiesen.

Mehr Informationen unter: https://ksl-msi-nrw.de/de/node/3653

 


Januar 2023