Alle fünf Jahre wählen die Bürger*innen in Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag. Sie entscheiden, welche Abgeordneten und Fraktionen im Landesparlament vertreten sind. Die Wähler*innen haben zwei Stimmen: eine für die Kandidat*innen im Wahlkreis und eine für die Zusammensetzung des Landtags nach Parteien. Jede*r hat das Wahlrecht, die oder der mindestens 18 Jahre alt ist, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und in NRW wohnt. In NRW gibt es rund 13,2 Millionen Wahlberechtigte.
Mit der Wahl wird über die politische Ausrichtung des Landesparlaments entschieden. Die Parteien haben unterschiedliche Standpunkte zu behindertenpolitischen Themen. Damit entschiedet die Wahl, auch über die zukünftige Arbeit des Landes für Menschen mit Behinderungen. Nach der Wahl ist es spannend zu sehen, was die Parteien davor versprochen haben.
Wir haben den Parteien Fragen gestellt. Wir wollten wissen, was sie tun möchten, um das Land NRW inklusiver zu machen.
Die Statements der Politiker*innen decken nicht die Positionen der gesamten Parteienlandschaft ab. Inhaltliche Verantwortung liegt bei den Parteien – nicht bei den Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben (KSL.NRW).
Frage 1:
Die Terminservicestellen der KV müssen die zeitnahe Vermittlung eines Facharzttermins sicherstellen. Ebenfalls müssen die Servicestellen sicherstellen, dass der Termin barrierefrei nutzbar ist. Was werden Sie tun, damit dieser Service für Menschen mit Behinderungen (MmB) eingerichtet wird?
Antworten der Parteien:
- Grüne
-
Die Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen weist große Lücken auf. Deshalb entwickeln wir gemeinsam mit Fachleuten und Betroffenen einen ressortübergreifenden Inklusionsplan, der Hürden im Gesundheitswesen abbaut und die Inklusionsforschung stärkt. Wir machen verbindliche Vorgaben zur Barrierefreiheit bei der Bedarfsplanung und sorgen für mehr Flexibilität und Patient*innenorientierung bei der Therapie- und Heilmittelversorgung. Diskriminierende Strukturen und Praktiken im Gesundheitssystem untersuchen wir systematisch, um Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
- SPD
-
Der Teilhabebericht belegt, dass im Land NRW noch viel zu tun ist, damit NRW ein inklusives Land und die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden. Dabei ist das zentrale Ziel, die Rechte der Menschen mit Behinderung umfassend zu stärken und ihre Teilhabechancen an allen Facetten des gesellschaftlichen Lebens zu erhöhen. Der Teilhabebericht führt dabei die bestehenden Defizite in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in NRW ganz deutlich auf. Defizite existieren unter anderem bei der Teilhabe am Arbeitsleben, der inklusiven Bildung, der barrierefreien Mobilität, bezahlbarem und barrierefreiem Wohnen, barrierefreiem und gleichberechtigten Zugang zur gesundheitlichen Versorgung und bei der Stärkung der gesellschaftlichen und politischen Partizipation von Menschen mit Behinderung. Als NRW SPD werden wir uns dafür einsetzen, dass alle Angebote des öffentlichen Lebens möglichst umfassend barrierefrei zugänglich sind.
- CDU
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Wir setzen uns für möglichst barrierefreie Arztpraxen ein. Das System der sogenannten Portalpraxen werden wir mit den Krankenhäusern und den KVs weiter ausbauen, um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sektoren zu stärken. Auch Telemedizin kann Leben retten. Deshalb werden wir das Virtuelle Krankenhaus weiter ausbauen. Die herausragende Expertise der Universitätskliniken werden wir so den Krankenhäusern in der Fläche zugänglich machen, die Versorgung weiter verbessern und knappe Ressourcen effektiver nutzen. Darüber hinaus werden wir die Reform der Krankenhausplanung weiterführen. Wir sind überzeugt, dass konkrete, überprüfbare Qualitätsvorgaben auf Grundlage von Leistungsgruppen zu einer zukunftsfesten, wirtschaftlich tragfähigen Krankenhausstruktur führen und die Qualität der Krankenhausversorgung für alle Menschen verbessern. Über ein Krankenhaus-Modernisierungsprogramm werden wir in den kommenden fünf Jahren insgesamt 2,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stellen, um die Krankenhäuser zu modernisieren und die Krankenhausversorgung zu verbessern.
- DIE LINKE
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Die Regelung über den Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigung obliegt nicht dem Landesgesetzgeber. Nichts desto trotz wird sich DIE LINKE. im kommenden Landtag dafür einsetzten, dass alle Einrichtungen der medizinischen Versorgung barrierefrei zur Verfügung stehen. Das sind zum einen die baulichen Voraussetzungen, aber zum anderen auch die Bereitstellung von Service und Informationen nicht ausschließlich in Lautsprache.
- FDP
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Wir wollen eine inklusive Gesundheitsversorgung stärken. Dazu ist insbesondere die Zugänglichkeit und Barrierefreiheit von Gesundheitseinrichtungen zu verbessern. Wir begrüßen das Vorhaben der neuen und von der FDP mitgetragenen Bundesregierung, ein Bundesprogramm Barrierefreiheit einzusetzen, damit alle Bereiche des öffentlichen Lebens barrierefrei werden, sowie entsprechende Förderprogramme aufzulegen und die Beratungsarbeit der Bundesfachstelle Barrierefreiheit auszubauen. Hinsichtlich der Barrierefreiheit in der ambulanten Gesundheitsversorgung und dem Angebot der Terminservicestellen sehen wir vorrangig die beiden Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe in der Verantwortung. Das Land sollte sie dabei unterstützen, indem es weiter zur Entwicklung der Barrierefreiheit sensibilisiert und den Informationsaustausch fördert.
Frage 2:
Menschen mit Behinderung haben das Recht ihren Wohnort frei zu wählen. Bedingung hierfür ist ein flächendeckendes Angebot an Pflege und ambulanter Unterstützung. Welche Schritte werden Sie unternehmen, um die Infrastruktur für ein Selbstbestimmtes Leben von MmB auszubauen?
Antworten der Parteien:
- Grüne
-
Wohnen ist ein Menschenrecht! Dem werden wir in der kommenden Legislaturperiode Geltung verschaffen, indem Menschen in ihren Wohnungen bleiben können oder wieder ein Zuhause bekommen. Wir sorgen dafür, dass öffentliche Flächen nicht mehr nach dem Höchstgebot, sondern nach sozialen, inklusiven, städtebaulichen, ökonomischen und ökologischen Kriterien vergeben werden. Auch stärken wir die Teilhabe und Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderungen, indem wir wieder klare Standards für barrierefreien Wohnraum sowie barrierefreie Quartiere/Stadtteile in die Landesbauordnung aufnehmen und bei Neubauten standardmäßig für unter anderem rollstuhlgerechte Wohnungen sorgen. Die Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet uns dazu, selbstständiges Wohnen mit begleitender Unterstützung und Pflege auch dann zu ermöglichen, wenn eine Heimunterbringung günstiger wäre. Mit einem Förderprogram „Quartier inklusiv“ unterstützen wir die Kommunen dabei, ihre Stadtteile so umzugestalten, dass sich alle Generationen darin wohlfühlen und hier selbstbestimmt leben können. Grüne Oasen mit fußläufiger Erreichbarkeit für alle, gute Versorgungsstrukturen und die Möglichkeit, andere Menschen zu treffen, schaffen Lebensqualität und fördern die Gesundheit. Ältere Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen finden Versorgungssicherheit sowie jeweils die Unterstützung und Beratung, die zu ihrer Situation passt. Kinder können sicher spielen, Jugendliche erhalten Gestaltungsräume. Plätze und Grünflächen bieten Raum für Begegnung und Erholung. Barrierefreie Wohnungen, inklusive Wohnprojekte, Mehrgenerationenwohnen und ambulante Pflegekonzepte – auch für ehemals wohnungslose Personen – werden ausgebaut. Die Nachbarschaft für alle Generationen ist fußgängerfreundlich, barrierefrei und trägt damit zur öffentlichen Gesundheit („Public Health“) bei.
- SPD
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Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, insbesondere auch für Menschen mit Behinderungen ist in NRW sehr groß. Deswegen werden wir die Wohnraumförderpolitik des Landesgemeinwohlorientiert stärken, damit deutlich mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann. Das bedeutet: 100.000 neue Wohnungen im Jahr und davon rund 25.000 Wohneinheiten mit Mietpreisbindung pro Jahr sind unser Ziel. Dabei werden wir die besonderen Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen berücksichtigen. Wir wollen in Ballungsräumen barrierefreie „Gesundheits-Kioske“ einrichten und damit sicherstellen, dass es ein leicht zugängliches und barrierefreies Angebot vor Ort gibt, bei dem Menschen in Fragen von Gesundheitsförderung, Krankheit und Pflege Informationen und
Unterstützung bekommen. Von uns werden speziell und fachübergreifend ausgebildete Fachkräfte als „Gemeindeschwestern“ eingeführt. Diese Fachkräfte sollen die Menschen nach vorheriger Anmeldung zuhause besuchen und individuell beraten. Wir wollen Pflegestützpunkte einrichten, die eine medizinische und pflegerische Grundversorgung bieten. So wollen wir gewährleisten, dass Menschen mit Unterstützungsbedarf möglichst lange selbstbestimmt und zufrieden im eigenen Zuhause leben können. - CDU
-
Wir wollen die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung stärken. Der Leitsatz „Nichts über uns ohne uns!“ ist unsere Richtschnur für eine Politik, die für Gleichberechtigung und Teilhabe steht und Diskriminierung sowie Barrieren aller Art abbaut.
Daher wollen wir dafür sorgen, dass mehr Menschen mit Behinderung durch noch passgenauere Angebote selbstständig wohnen können. Beim Neubau haben wir Barrierefreiheit bereits zum Standard gemacht.
- DIE LINKE
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Die Übernahme von Hilfsmitteln oder auch das Angebot von Pflegepersonal darf nach Auffassung der Partei DIE LINKE. keine Frage des Wohnortes sein. Hierbei ist besonders die Frage nach dem Angebot an Pflegeleistungen derzeit noch problematisch, was an der generellen Situation in diesem Bereich liegt.
Wir sind der Meinung, dass es einen Systemwechsel in der Versorgung geben muss: Gesundheit ist keine Ware, sondern muss Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sein.
Pflege ist als Bestandteil öffentlicher Daseinsvorsorge Aufgabe der Gesellschaft. Wir treten dafür ein, dass eine gerechte und menschenwürdige Pflege gewährleistet wird. Persönliche und soziale Bedürfnisse bleiben sehr oft auf der Strecke. Menschen mit Pflegebedarf sollten ohne finanzielle Nöte entscheiden können, ob sie von Angehörigen oder von Fachkräften pflegerisch versorgt werden möchten. Wir wollen eine bessere Unterstützung und Absicherung pflegender Angehöriger.
Für jene, die – egal aus welchem Grund – Fachkräfte in Anspruch nehmen, müssen diese auch zur Verfügung stehen. Daher wollen wir mehr Pflegekräfte ausbilden und einstellen. Das ist nur möglich, wenn die Arbeitsbedingungen durch Verordnung über bessere Bezahlung verbessert werden und Fachkraftquoten sichergestellt werden. Die Attraktivität der Pflegeberufe durch bessere und faire Bezahlung muss gesetzlich geregelt werden. Die Personalbemessung muss ausreichend steigen.
Die Ausbildungsbedingungen wollen wir verbessern, indem Auszubildende in Pflegeberufen freigestellt und nicht auf Stellenpläne angerechnet werden.Wir wollen uns im Bundesrat mit einer Initiative für eine umfassende Pflegefinanzierung einsetzen und darüber hinaus Alternative Wohn- und Versorgungsformen für Menschen mit Pflegebedarf weiter ausbauen.
- FDP
- Wir wollen Hilfsangebote so verzahnen, dass ein Umfeld aus Betreuung und Versorgung dem Einzelnen Wahlfreiheit lässt, wie sie oder er leben möchte: Ob ambulante Betreuung in der häuslichen Umgebung, in einer Wohngruppe oder in einer stationären Einrichtung. Die Förderung innovativer quartiernaher Wohnformen wollen wir ermöglichen. Hierzu zählen auch Projekte zur Ausstattung von Wohnungen und Häusern mit digitalen Systemen und elektronischen Assistenzsystemen. Wir wollen das Verhältnis von Eingliederungshilfe und Pflege klären mit dem Ziel, dass für die betroffenen Menschen keine Lücken in der optimalen Versorgung entstehen.
Frage 3:
Leistungsträger und Anbieter der Behindertenhilfe haben Vorbehalte gegenüber dem Persönlichen Budget. Nur ein sehr kleiner Teil der Berechtigten nutzen es. Angebote aus Sport, Kultur und Freizeit werden nur selten in PBs eingebunden. Was tun Sie, damit die Vorbehalte abgebaut werden?
Antworten der Parteien:
- Grüne
-
Auf Bundesebene war das Bundesteilhabegesetz (BTHG) einer der größten behindertenpolitischen Gesetzgebungsprozesse der letzten Jahre. Wir werden die Evaluation des BTHG ernst nehmen und dafür sorgen, dass alle Regelungen des BTHG die Landesebene betreffend zügig und konsequent umgesetzt werden. Und wir werden uns beim Bund dafür einsetzen, das BTHG an den notwendigen Stellen nachzubessern und z.B. Hürden abzubauen, die das Wunsch- und Wahlrecht einschränken oder der Nutzung des Persönlichen Budgets entgegenstehen. Außerdem befürworten wir weitere Schritte bei der Freistellung von Einkommen und Vermögen.
- SPD
-
Siehe auch Antwort zu Frage 6
- CDU
-
Über das Persönliche Budget werden finanzielle Unterstützung oder Sachleistungen für Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt. Dabei stellen wir entsprechende Beratungen durch Expertinnen und Experten bereit. Auf Bundesebene ist mit dem Teilhabestärkungsgesetz bereits im Sommer 2021 ein weiterer Schritt in Richtung einer inklusiven Gesellschaft gemacht worden, durch welche verschiedenste Lebensbereiche abgedeckt werden. Unter anderem können demnach Beschäftigte im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen künftig neben einem Budget für Arbeit auch ein Budget für Ausbildung in Anspruch nehmen.
- DIE LINKE
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Eine Verpflichtung auf die Inanspruchnahme eines Persönlichen Budgets lehnen wir als LINKE ab, da sie gegen die Selbstbestimmung der einzelnen Person spricht. Dennoch sehen auch wir viele Vorteile in der Inanspruchnahme sowohl für den Menschen mit Behinderung wie auch für die Pflege- oder Assistenzkraft. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Thema sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung, in den unterschiedlichsten Sprachen und Informationsformen präsenter ist, wie auch dafür, dass eine ausführlichere Beratung durch die nach dem SGB IX zuständigen Stellen sowohl im Vorfeld, wie auch bei Antragstellung erfolgt. Auch hier muss die Schwelle möglichst gering und ohne Barrieren, in welcher Form auch immer, gesetzt werden.
- FDP
-
Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt ihr Leben gestalten können und die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebensbereichen erhalten. Deshalb wollen wir die Inanspruchnahme des persönlichen Budgets ausbauen. So können hilfebedürftige Menschen statt der Sachleistung eine Geldleistung in Anspruch nehmen. Sie sind Kundinnen und Kunden, die selbst entscheiden, welcher Anbieter oder welche Person die jeweilige Hilfe erbringen soll. Dazu sind insbesondere verstärkte Informationen aller Akteure und vereinfachte Verfahren erforderlich.
Frage 4:
Barrierefreiheit ist mehr als Rampen und Aufzüge. Zur barrierefreien Kommunikation werden Leichte Sprache, DGS-Dolmetscher, Taubblindenassistenz, Schriftdolmetscher und Höranlagen benötigt. Dolmetscher sind knapp und müssen langfristig gebucht werden. Was tun Sie für die Barrierefreiheit in NRW?
Antworten der Parteien:
- Grüne
-
Wir stärken die Teilhabe und Selbstständigkeit von Menschen mit Beeinträchtigungen, indem wir wieder klare Standards für barrierefreien Wohnraum in die Landesbauordnung aufnehmen, Quartiere und Stadtteile möglichst barrierefrei bauen und bei Neubauten standardmäßig für unter anderem rollstuhlgerechte Wohnung sorgen. Politische Abläufe und Verwaltungsprozesse kommunizieren wir barrierefrei und leicht verständlich. Dafür gibt es Standards, die umgesetzt werden müssen. Wir tauschen uns im Inklusionsbeirat auf Augenhöhe mit Betroffenen aus und fördern die organisierten Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderung stärker. Gemeinsam finden wir Lösungen für die Bereiche, die noch nicht für alle auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.
- SPD
-
Das Ziel der SPD ist eine inklusive Gesellschaft, an der alle Menschen gleichberechtigt teilhaben können. Der Teilhabebericht für NRW zeigt aber, dass es auf dem Weg hin zu einem inklusiven NRW noch viele Barrieren zu beseitigen sind.
- CDU
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Wir stehen dafür, die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung nachhaltig zu stärken. Dazu unterstützen wir den Aufbau einer länderübergreifenden digitalen Plattform in Europa und setzen uns für mehr Inklusion, Integration und Diversität in den Medien ein, um barrierefreie Medienangebote zu fördern. Mit der barrierefreien Notruf-App „nora“ haben wir zudem bereits dafür gesorgt, dass Menschen mit Sprach- und/oder Hörbehinderung Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste schnell und einfach erreichen können.
Außerdem unterstützen wir die Vereine in unserem Land dabei, das Potenzial von Menschen mit Behinderung sowie von Menschen, die zugewandert sind, künftig noch stärker zu nutzen. Dafür braucht es u. a. barrierefreie und mehrsprachige Informationen über Vereine, deren Strukturen und Betätigungsfelder für Interessierte.
Im Bereich der Kunst und Kultur unterstützen wir, aufbauend auf dem erfolgreichen Gesamtkonzept Diversität und Teilhabe, die Gründung eines Kompetenzzentrums Diversität als Service- und Beratungseinrichtung.
- DIE LINKE
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Die Zahl der zur Verfügung stehenden Gebärdensprachdolmetscher ist in Bezug auf die in Zahl der Personen, die die Leistung in Anspruch nehmen müssen, deutlich zu gering. Aus diesem Grunde wollen wir den Studiengang „Gebärdensprachdolmetschung“ an den Hochschulen in NRW sowie die Berufsausbildung „Gebärdensprachdolmetschung“ anbieten und dies jeweils mit staatlichen Mitteln fördern.
Weiterhin muss eine Ausbildung „Übersetzer:in Leichte Sprache“ und „Prüfer:in Leichte Sprache“ geschaffen werden.Leider stehen den Blindenhörbüchereien immer noch zu wenig Mittel zu Verfügung, um ausreichend Neuanschaffungen tätigen zu können. Hier wollen wir den Zuschuss deutlich erhöhen.
- FDP
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Barrierefreie Kommunikation ist eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass gerade in Krisenzeiten vielfältige Barrieren bei der Kommunikation mit Menschen mit Behinderungen bestehen. Wir wollen zusammen mit Betroffenen und ihren Verbänden kommunikative Barrieren ausfindig machen und beseitigen.
Frage 5:
Der Bedarf an sonderpädagogischer Förderung steigt stetig. Die Inklusion in Schulen stagniert. Es besteht ein Mangel an Sonderpädagogen. Kinder werden nur noch beaufsichtigt und nicht mehr gefördert. Das gilt auch für Kindergärten. Wie wird die Förderung und die Inklusion zukünftig gesichert?
Antworten der Parteien:
- Grüne
-
Das überkommene Denken des letzten Jahrtausends ist immer noch nicht überwunden. Immer noch ertönt der Ruf nach homogenen Lerngruppen und früher Segregation. Die Lobby für eine segregierende Schulform ist auf Seiten der Eltern aber auch der entsprechenden Verbände hoch. Die sogenannte „Neuausrichtung der schulischen Inklusion“ in der schwarz-gelben Regierungszeit hat die Absonderung und das Förderschulsystem gestärkt, anstatt die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems voranzutreiben wie es die UN-BRK verlangt. Die Bedingungen für das Gemeinsame Lernen an den Regelschulen wurden dagegen noch herausfordernder. Die derzeitige Aufgabenverteilung im Schulsystem nimmt das Gymnasium weitgehend von der Entwicklung eines inklusiven Bildungssystems aus. Die schwarz-gelbe Koalition in NRW hat die bereits angelegten inklusiven Schulentwicklungsprozesse für das gesamte Schulwesen bewusst zurückgedreht. Wir setzen darauf, begleitend zu den notwendigen schulstrukturellen Diskussionen an Konvergenzen der Schulformen und pädagogischen Orientierungen zu arbeiten. Das ist allein schon geboten, um der Realität der längst bestehenden Heterogenität an allen Schulen und Schulformen und damit den Schüler*innen gerecht zu werden. Leitlinie muss eine Pädagogik der Vielfalt sein. Im Zuge der Schulentwicklung hin zu einem inklusiven Bildungssystem setzen wir darauf, dass umfassende Inklusion eine Aufgabe für alle Schulformen ist. Eine Schulform, in die landesweit mehr als 40% aller Kinder nach der Grundschule gehen, kann und darf sich nicht aus der gesellschaftlichen Verantwortung verabschieden. Gymnasien haben sehr wohl gezeigt, dass auch sie erfolgreich zieldifferent arbeiten können. Die Lerngruppengrößen im Gemeinsamen Lernen müssen verbindlich und verlässlich reduziert werden. Gemäß dem Prinzip Ungleiches ungleich zu behandeln, müssen Schulen in herausfordernden Lagen zusätzliche personelle Unterstützung erfahren (Schulen³) und mehr Ressourcen für Team- und multiprofessionelle Arbeit, Beratung und Vernetzung erhalten.
- SPD
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Einrichtungen der frühkindlichen Bildung sind die ersten Bildungseinrichtungen, die Ungleichheiten ausgleichen können. Durch Dokumentationen der Entwicklung lassen sich drohende Behinderungen erkennen. Wir wollen die Kitas stärken, vor allem durch mehr Fachkräfte. Wir wollen Funktionsstellen schaffen, dazu gehören für uns auch Inklusion und Spezialisierung auf besondere Bedarfe. An Schule werden wir pädagogische Zentren einrichten. Die Personalausstattung muss besser werden, Multiprofessionalität und die Zusammenarbeit auf Augenhöhe muss an allen Kitas und Schulen der Normalfall sein. Entscheidend für ein gutes Bildungsangebot ist eine gute Personalversorgung und der Einsatz von Fachkräften dort, wo sie benötigt werden. Hierfür werden wir die Ausbildungs- und Studienkapazitäten für pädagogische Berufe (z.B. Sonderpädagogik) ausbauen, damit dieses Personal schnellstmöglich z ur Verfügung steht.
- CDU
-
Mit der von uns auf 60 Millionen Euro pro Schuljahr erhöhten Inklusionspauschale können die kommunalen Schulträger das gemeinsame Lernen an den Schulen über die rechtlich verankerte Schulbegleitung hinaus zusätzlich durch den Einsatz nicht-lehrenden Personals unterstützen. Bis zum Schuljahr 2024/25 wird es im Bereich des gemeinsamen Lernens in der Sekundarstufe I 6.000 Stellen mehr als 2017 geben. Dazu werden wir u.a. neue inhaltliche Schwerpunkte im KJFP etablieren und insbesondere einen neuen Förderbereich zur Stärkung von Inklusion und junger Menschen mit Behinderung schaffen. Die Lehrkräfte haben wir in den vergangenen fünf Jahren u.a. mit Schulverwaltungsassistentinnen und -assistenten entlastet und die Finanzierung der Schulsozialarbeit dauerhaft gesichert. Zu den 10.000 seit 2017 zusätzlich eingestellten Lehrkräften kommen rund 3.300 pädagogische Fachkräfte. Für die Lehrämter Grundschule und Sonderpädagogik haben wir insgesamt 1.450 zusätzliche Studienplätze im Jahr geschaffen.
- DIE LINKE
-
Oft fehlt es für eine tatsächliche Inklusion zum Beispiel in den KiTas an einer notwendigen Sach- und Personalausstattung. Das wollen wir ändern. Darüber hinaus wollen wir eine veränderte Ausbildung von Erzieher:innen fördern.
Die Praxis zeigt, dass ein Nebeneinander von Inklusion in Regel- und Förderschulen die Ressourcenknappheit weiter verschärft. Wir wollen uns daher dafür einsetzten, dass Förderschulen gemäß den Vorgaben der UN-BRK in Bezug auf die Stellung von Sonderwelten schrittweise abgeschafft und die Regelschulen in Orte des Lernens und Förderns für alle Kinder verwandelt werden sollen. Es sollen Förderzentren zur Unterstützung der Regelschulen bei der Entwicklung zur inklusiven Schule geschaffen werden.
In den Schulen müssen endlich die inklusiven Standards umgesetzt werden. Dazu zählen barrierefreie Schulgebäude, kleinere Klassen, multiprofessionelle Unterstützungsteams, mehr sachliche und personelle Ressourcen, sowie eine entsprechende Lehreraus- und weiterbildung.
Wichtig ist auch, dass eine wohnortnahe Beschulung mit maximaler Entfernung von 30 Fahrminuten je Strecke sichergestellt wird.
- FDP
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Gelingende Inklusion ist zentral für eine gerechte, faire und offene Gesellschaft. Daher haben wir die so wichtige Neuausrichtung der schulischen Inklusion durch eine Bündelung vorhandener Mittel und Möglichkeiten und durch zusätzliche Ressourcen vorangetrieben. Wir wollen sicherstellen, dass schulische Inklusion nicht mehr mit ideologischen Debatten, der Überlastung von Schulen oder mit Frustration verbunden wird, sondern mit der Gewissheit, dass sich alle Schülerinnen und Schüler auf eine gelingende Teilhabe durch ein Lernen von- und miteinander verlassen können. Wir werden das gemeinsame Lernen durch zusätzliches Fachpersonal unterschiedlicher Professionen, durch eine qualitativ und quantitativ weiterentwickelte Schulbegleitung und durch zusätzliche Fortbildungsformate nachhaltig unterstützen und Schritt für Schritt bedarfsgerecht ausbauen.
Frage 6:
Menschen mit Behinderungen haben es auf dem ersten Arbeitsmarkt nach wie vor schwer. Ein Arbeitsplatzwechsel von Menschen mit Behinderung aus einer Werkstatt in den ersten Arbeitsmarkt gelingt nur selten. Was werden Sie tun, um einen inklusiven Arbeitsmarkt in NRW zu realisieren?
Antworten der Parteien:
- Grüne
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Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ist in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert und uns ein wichtiges Anliegen. Hier wollen wir die Bemühungen in mehreren Bereichen erhöhen: Zunächst wollen wir Arbeitgeber verstärkt auf ihre Pflicht, Menschen mit Behinderung einzustellen, erinnern und die Erfüllungspflicht von Seiten der Arbeitsämter nachhalten. Gleichzeitig sollen Arbeitgeber im Rahmen einer Kampagne über einzelne Bedingungen aufgeklärt werden, die vermeintlich gegen eine Beschäftigung sprechen (Kündigungsschutz, Minderleistung, etc.). So genannte Nischenarbeitsplätze, die die individuellen Bedarfe von Menschen mit Behinderung mit den Anforderungen von Betrieben anpassen, wollen wir stärken. Wir machen die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht zur Beschäftigung Schwerbehinderter zum notwendigen Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Zudem wollen wir uns für die Stärkung und den Ausbau von Inklusionsunternehmen und anderen Leistungsanbietern einsetzen. Im Rahmen des Budget für Arbeit ist zu prüfen, ob nicht auch der Förderdeckel des Lohnkostenzuschusses, der bei 40% liegt, landesseitig anzuheben ist. Beratungs- und Kooperationsstrukturen der verschiedenen Leistungsträger wollen wir im Rahmen von regionalen Arbeitsgemeinschaften nach §25 SGB IX stärken.
- SPD
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Das Ziel der NRW SPD ist eine inklusive Gesellschaft, an der alle Menschen gleichberechtigt teilhaben können. Der Teilhabebericht für NRW zeigt aber, dass auf dem Weg hin zu einem inklusiven NRW noch viele Barrieren zu beseitigen sind. Die NRWSPD wird daher den inklusiven Arbeitsmarkt mit landesweiten Programmen unterstützen und ausbauen. Dazu gehört die vermehrte Vergabe an Unternehmen, die inklusive Arbeitsplätze anbieten und in denen diese schon bestehen. Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich auch, dass wir von diesen Unternehmen erwarten, dass ihre Beschäftigten einen ordentlichen Lohn erhalten. Wir solidarisieren uns deshalb mit der Forderung nach der konsequenten Umsetzung des Mindestlohns in Werkstätten für Behinderte. Selbstverständlich muss es ein Ziel sein, dass auch Angebote zur Stärkung der Teilhabe wie das Budget für Arbeit mehr als bisher genutzt werden.
- CDU
-
Ausbildung und Arbeit sind das stabile Fundament eines guten und selbstbestimmten Lebens. Voraussetzung für die Teilhabe an Arbeit ist eine Berufsqualifizierung. Die mehr als 300 Inklusionsunternehmen mit ihren über 4.000 schwerbehinderten Beschäftigten leisten einen wichtigen Beitrag zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben, denn sie ermöglichen eine intensivere Betreuung der Menschen mit Behinderung. Wir wollen diese Erfolgsgeschichte fortsetzen und ihre Förderung ausbauen. Gleichzeitig wollen wir mehr Menschen mit Behinderung eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Gerade der Öffentliche Dienst hat hier als Arbeitgeber eine Vorbildfunktion. Wir verfolgen weiter das Ziel, dass fünf Prozent aller Neueinstellungen in den Landesdienst auf diese entfallen.
- DIE LINKE
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NRW braucht einen inklusiven Arbeitsmarkt mit inklusiven und barrierefreien Betrieben und gleiche Bezahlung von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen, sei es durch Tarifverträge oder einen auskömmlichem Mindestlohn. Es ist notwendig, dass der Leistungsbegriff neu gedacht wird. Der Mensch muss sich nicht dem Arbeitsplatz anpassen, vielmehr musss sich der Arbeitsplatz dem Menschen anpassen.
Wir wollen die Anwendung des Budgets für Arbeit als Instrument regulärer Beschäftigung für Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt fördern, denn die Beschäftigung in einer WfbM ist gemäß der UN-BRK eine Sonderwelt, deren Abbau Aufgabe staatlichen Handelns sein muss. Es ist uns klar, dass die Abschaffung der Arbeitsplätze in den WfbMS für viele dort Beschäftigte mit Angst verbunden ist. Daher muss der Prozess eng begleitet werden. Wir wollen die Beschäftigungsverhältnisse aller Menschen nach ihren Fähigkeiten auf dem inklusiven Arbeitsmarkt sicherstellen und so auch allen die beste Möglichkeit geben, sich zu entfalten.
Da dies nicht von heute auf morgen in einem Schritt möglich ist, wollen wir die schrittweise Einführung einer tariflichen Entlohnung mit auskömmlichem Mindestlohn für Werkstattbeschäftigte gesetzlich festschreiben. Des Weiteren muss es die gesetzliche Verpflichtung geben, die tarifliche Entlohnung von Menschen mit Behinderung, die von den WfbMs in Unternehmen auf Außenarbeitsplätze entsandt werden, nach den betrieblich geltenden Regeln zu entlohnen.
Um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen, Menschen mit Behinderung zu regulärer Bezahlung zu beschäftigen, planen wir im Bundesrat für eine deutliche Erhöhung der Ausgleichsabgabe einzutreten (gestaffelt von 250 auf bis zu 1000 €).
Darüber hinaus müssen die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten in den WfbMs in reguläre Arbeitsverhältnisse mit Arbeitsvertrag und Tarif- oder Mindestlohn umgewandelt werden.
Auch soll die Vergabe von öffentlichen Aufträgen bevorzugt an Betriebe mit einem hohen Schwerbehindertenanteil, an Inklusionsunternehmen und Betriebe mit Inklusionsabteilungen erfolgen. Damit verbunden soll es eine Änderung im Tariftreue- und Vergabegesetz geben.
- FDP
- Zur Stärkung der Teilhabe an Arbeit setzen wir auf innovative, praktikable und betriebsnahe Lösungen. Der Erfolg bei der Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt ist stark abhängig von handelnden Personen und existierenden regionalen Netzwerken. Deshalb wollen wir die Aufklärungsarbeit bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern intensivieren und dabei die Fachberaterinnen und Fachberater Inklusion bei den Kammern noch stärker einbinden. Wir wollen dabei auch das Budget für Arbeit verstärkt nutzen und zudem die bestehenden Angebote für Arbeitsassistenzen erweitern. Wir wollen die erfolgreiche Arbeit der Inklusionsunternehmen fortsetzen und die Arbeit der Werkstätten (WfbM) weiterentwickeln. Werkstätten, die mit Unternehmen kooperieren und somit einen fließenden Übergang von der Werkstatt in den Arbeitsmarkt ermöglichen, haben für uns Modellcharakter.
Frage 7:
Welche Änderungen in der GO NRW sind Ihrer Meinung nach notwendig, um diese an die UN-BRK und das IGG anzupassen? Hinsichtlich der vollumfänglichen strukturellen und individuellen Partizipation von MmB an den politischen Entscheidungsprozessen. Wie werden Sie Barrieren im politischen Raum abbauen?
Antworten der Parteien:
- Grüne
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Siehe Antwort Frage 8.
- SPD
-
Siehe Antwort Frage 8.
- CDU
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Wir wollen die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung stärken. Der Grundsatz „Nichts über uns ohne uns!“ leitet uns insbesondere bei der politischen Einbindung aller Mitglieder unserer Gesellschaft. Denn wir stehen für eine Politik der Gleichberechtigung und Teilhabe, die Diskriminierung und Barrieren aller Art abbaut.
Wir sind überzeugt, dass Demokratie politisch gebildete Bürgerinnen und Bürger braucht. Dazu wollen wir wieder mehr politische Bildung in den Schulen fördern. Die politische Bildung der außerschulischen, gemeinwohlorientierten Träger ist zusätzlich im novellierten Weiterbildungsgesetz gesetzlich verankert worden und wir werden sie finanziell stärken.
Auch wollen wir die Chancen einer digitalen Demokratie-Teilhabe weiter erforschen und erproben. Dazu werden wir u.a. im Kinder- und Jugendförderplan Demokratie und Mitbestimmung verstärkt fördern.
- DIE LINKE
-
DIE LINKE.NRW setzt sich im nächsten Landtag für die vollständige Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in NRW auf der Landesebene und der kommunalen Ebene ein.
Es ist erforderlich, dass es endlich eine systematische Überprüfung der neuen wie der alten Landesgesetze und Verordnungen auf Konformität mit der UN-Behindertenrechtskonvention gibt. Diese Prüfung sollte fester Bestandteil bei der Einbringung von rechtlichen Regelungen sein.
- FDP
- Wir setzen uns für eine gleichberechtigte politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen ein. Für uns ist es selbstverständlich, sich vor politischen Entscheidungen mit den Standpunkten der Betroffenen auseinanderzusetzen und deren Vertretung anzuhören. Die Gemeindeordnung gibt mit § 27a den Kommunen die Möglichkeit, spezifische Interessengruppen in die kommunalpolitische Entscheidungsfindung miteinzubeziehen. Dies gibt den Stadt- und Gemeinderäten die Chance, je nach der Situation vor Ort, individuell zu entscheiden, in welcher Form man die Belange von Menschen mit Behinderungen am effektivsten vor Ort einbindet. Wir vertrauen in dieser Frage weiterhin auf die Entscheidungshoheit der kommunalen Selbstverwaltung.
Frage 8:
Trotz gesetzlicher Vorgaben (IGG und BGG NRW) besitzen über 45% der Kommunen in NRW keine Interessenvertretung für die Belange von Menschen mit Behinderung. Welche Anstrengungen wollen Sie unternehmen, um die Interessenvertretung in den Kommunen zu verbessern?
Antworten der Parteien:
- Grüne
-
Interessenvertretungen für die Belange von Menschen mit Behinderungen sind ein wichtiges Instrument, um mehr Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigungen zu ermöglichen. Sie sollen aber auch das Bewusstsein in Politik und Gesellschaft für Inklusion und Teilhabe aller Menschen schärfen. Wir unterstützen Kommunen dabei, die politische Teilhabe und Interessenvertretung von Menschen mit Beeinträchtigungen zu verbessern.
- SPD
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Für die NRW SPD ist klar, dass die Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderungen auch konkret vor Ort in den Kommunen gesichert werden müssen, um die Inklusion in NRW weiter zu stärken und die UN-BRK umzusetzen. Dabei ist es wichtig, dass kommunale Interessensvertretungen in den kommunalen Satzungen festzulegen zu legen sind. Wir sind der Auffassung, dass es in erster Linie der Auftrag der Kommunen vor Ort sein muss, um entsprechende Initiativen für Satzungsänderungen voranzutreiben und die gesetzlichen Vorgaben nach dem BGG NRW und IGG umzusetzen.
- CDU
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Wir sind überzeugt, dass ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Menschen mit und ohne Behinderung Grundvoraussetzung für eine inklusive Gesellschaft ist. Die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sind dabei als Träger der Eingliederungshilfe unverzichtbare Garanten der Inklusion und Fürsprecher der Menschen mit Behinderung. Eine wichtige Rolle nehmen auch die Verbände der Selbsthilfe ein. Für eine verbesserte Einbindung werden wir den Inklusionsbeirat in die Umsetzung des neuen Aktionsplans „NRWinklusiv“ des Landes einbinden.
- DIE LINKE
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Es muss gesetzlich verankert die Pflicht für verbindliche Pläne auf Ebene des Landes, der Kreise und Kommunen zur Inklusion mit überprüfbaren Zielen und Fristen geben, ausgestattet mit genügend Ressourcen und einem nachträglichen Teilhabebericht. Diese müssen gemeinsam mit den Menschen mit Behinderung und ihren Interessenvertretungen erarbeitet werden. Letztere sind auch zu beteiligen an der Bestellung von hauptamtlichen Inklusionsbeauftragten, die die Umsetzung der Pläne zur Inklusion begleiten und kontrollieren.
DIE LINKE. wird sich im neuen Landtag dafür einsetzten, die Stellung von Landesbehindertenbeauftragten, des Landesbehindertenbeirates und der Behindertenvertretungen in den kommunalen Parlamenten durch eine entsprechende Änderung der Gemeinde-, Kreis- und Landschaftsverbandsordnung zu stärken.
Ein wichtiger Schritt ist es, in der Gemeinde- und Kreisordnung die verbindliche Schaffung von Ausschüssen und Beiräten mit Entscheidungskompetenz und Rederecht in Stadträten und Kreistagen festzuschreiben, welche von den Betroffenen selbst gewählt werden. Doch nicht alleine die rein gesetzliche Möglichkeit des passiven Wahlrechts von Menschen mit Behinderung löst das Problem der noch im Vergleich zur Gesamtgesellschaft deutlich unterrepräsentierten Personengruppe, auch muss die Ausübung des Mandats sichergestellt sein. Das beginnt bei baulichen Maßnahmen, wie dem dauerhaften barrierefreien Zugang zu Gebäuden und Sitzungsräumen oder Induktionsschleifen. Auch müssen die Unterlagen barrierefrei zur Verfügung gestellt werden. Hier sind die Verwendung von Leichter Sprache und barrierefreier elektronischer Dokumente Beispiele für Mindeststandards, die sowohl Mandatsträger:innen, wie auch interessierten Bürger:innen die politische Partizipation ermöglichen, sowie gegebenenfalls die Stellung und Finanzierung einer notwendigen Assistenz.
Öffentliche Texte müssen verpflichtend als Standard mindestens zusätzlich in Leichter Sprache veröffentlicht werden.
Beim aktiven Wahlrecht ist es erforderlich, dass endlich flächendeckend das Wahlrecht für Menschen unter vollständiger Betreuung ermöglicht wird und es eine umfassende Barrierefreiheit aller Wahllokale, Wahlverfahren und Wahlmaterialien gibt.
- FDP
- Mit dem neuen Projekt „In Zukunft inklusiv – Mit politischer Partizipation zum Kreis für alle“ (IZi) wollen wir Initiativen für mehr Beteiligung auf kommunaler Ebene fördern. Dieses Projekt richtet sich an die Kreise in Nordrhein-Westfalen, die bisher noch keine Form der Interessenvertretung für Menschen mit Behinderung aufweisen. Ziel ist es, alle Kreise im Rahmen des Projekts zu ertüchtigen, ihre kreisangehörigen Städte und Gemeinden beim Aufbau eigener Vertretungsformate zu unterstützen und somit ein System zu etablieren, das auch in der Fläche wirkt. Projektzeitraum ist der 1. Mai 2022 bis 30. April 2025. Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von mehr als 700.000 Euro.
Erklärfilm der KSL zur Landtagswahl 2022
Der Film in einfacher Sprache erklärt die Bedeutung von einer Wahlbenachrichtigung, des Stimmzettels und was eine Briefwahl ist. Er zeigt auch, wie das Wählen im Wahllokal funktioniert und worauf man achten muss.
Zum Hintergrund: Wählen gehen ist für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit und vor allem – ein fundamentales Grundrecht und eine tragende Säule der Demokratie.
Was viele nicht wissen: Mehr als 85.000 volljährige Menschen mit Behinderung durften in Deutschland bis vor kurzem nicht wählen.
Erst seit Mai 2019 gilt das Inklusive Wahlrecht für alle: Nach langem Kampf können nun endlich alle Bürger*innen unserer Gesellschaft wählen gehen. Und für manche ist die kommende Kommunalwahl das „erste Mal“. So auch für Thomas Schmidt, dem Protagonisten unseres Films. Am 15. Mai steht die Landtagswahl in NRW an und Herr Schmidt hat viele Fragen: Wo muss er hin? Was muss er mitnehmen? Was, wenn er etwas nicht versteht? Was, wenn er am Wahltag keine Zeit hat? Um diese Unsicherheiten auszuräumen, haben sich das Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben für den Regierungsbezirk Detmold sowie die Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstellen (EUTB) der Kreise Höxter, Lippe und Paderborn zusammengetan und einen Film produziert.
Der Film darf (und soll) kostenlos im Rahmen nicht-kommerzieller Informationsveranstaltungen vorgeführt werden.